HORAZ-SERIE: ITALIEN 1936

Ein Pan, seine Flöte spielend, sitzt auf einem modernen Gedenkstein, der seinerseits wieder zwischen Reben steht. Der Gedenkstein trägt eine Inschrift, die aus der ersten Ode des Horaz (Carmen I 1, 29-36, zitiert 29) stammt:

Me doctarum hederae praemia frontium
dis miscent superis, me gelidum nemus
Nympharumque leves cum Satyris chori
secernunt populo, si neque tibias
Euterpe cohibet nec Polyhymnia
Lesboum refugit tendere barbiton.
Quodsi me lyricis vatibus inseres,
sublimi feriam sidera vertice.
Efeukränze, Lohn für gelehrte Stirne, 
gesellen mich den olympischen Göttern zu, mich trennen
ein kühler Hain und die leichten Tänze der Nymphen mit den Satyrn
vom Pöbel, wenn mir 
weder Euterpe die Flöte versagt noch Polyhymnia 
davon Abstand nimmt, die lesbische Leier zu spannen.
Wenn du mich nun bei den lyrischen Sängern einreihst,
stoße ich mit meinem Scheitel hoch oben an die Sterne.  (Ü: Hirth)

In dieser Ode, Mäzenas, seinem großen Förderer, gewidmet, stellt Horaz erst verschiedene Lebenswege vor, um dann auf seine persönliche Berufung zu sprechen zu kommen. Dichterruhm und Umgang mit mythischen Gestalten wie Nymphen und Satyrn trennen ihn von der Menge, konnte er doch auch von sich behaupten: "Odi profanum volgus et arceo" - "Ich hasse den Pöbel und halte mir ihn vom Leib" (carmen III 1, 1). Vom Volk getrennt bleibt er, solange ihn die Musen beschützen, er also poetisch produktiv ist. Und wenn Mäzenas seinen Rang ebenso sieht wie er selbst, dann kennt sein Glück keine Grenzen.