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Die
Inselgriechen stecken in der Zwickmühle Im
Süden Zyperns ist das Ja zum UN-Plan heftig umstritten
Nach
dem Scheitern der Friedensgespräche über Zypern werden die UN im April ein
Referendum über ihren Plan für die Wiedervereinigung der Insel abhalten
lassen. Die Zukunft Zyperns liegt nun in den Händen der Bevölkerung.
Von
Takis Tsafos und Ingo
Bierschwale (dpa), Istanbul/Athen
Nach
30 Jahren Teilung hat auf Zypern die Stunde der Wahrheit geschlagen.
Und diesmal sind es nicht die Politiker, die sich bei den Verhandlungen
auf dem schweizerischen Berg Bürgenstock als unfähig zu einer
einvernehmlichen Lösung erwiesen haben. Diesmal
haben die beiden Volksgruppen auf der noch immer von Stacheldraht durchzogenen
Mittelmeerinsel das letzte Wort. Nach
dem Kunstgriff von UN-Generalsekretär Kofi Annan, der im Februar in New York
allen Seiten die Einwilligung zu einem fest gefügten Fahrplan abgerungen
hatte, ist eine Wiedervereinigung Zyperns vor dem EU-Beitritt am 1. Mai zum
Greifen nahe - wenn türkische und griechische Zyprer dies wollen. Jedenfalls
sind die Karten im Poker um Zypern kräftig aufgemischt worden.
Stand vor fast genau einem Jahr der starrköpfige türkisch-zyprische
Verhandlungsführer Rauf Denktasch - und damit auch Ankara - mit dem schwarzen
Peter da, so hat sich das Blatt nun gewendet.
Der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan machte auf dem Bürgenstock
seine Ankündigung wahr, dass die Türkei der griechischen Seite "immer
einen Schritt voraus" sein werde. Diesmal
komme es nicht in Frage, dass die türkische Seite als erste vom
Verhandlungstisch aufstehe. "Es
gibt keine Verlierer", konnte ein gut gelaunter Erdogan denn auch nach dem
Verhandlungsmarathon in der Schweiz ganz staatsmännisch verkünden.
"Lasst uns den auf dem Bürgenstock begonnenen Weg des Friedens
weiter gehen", appellierte er an Griechen und Türken auf Zypern, ohne
seine Freude über die "Erfolge" der türkischen Diplomatie zu
verhehlen. Nach dem Ergebnis von
Bürgenstock dürfte feststehen, dass die Europäische Union der Türkei wegen
des Zypernproblems nunmehr keinen Strick wird drehen können, wenn Ende des
Jahres die Entscheidung über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit
Ankara fällig ist. Die
Probleme, die die Türkei bislang mit dem Politikveteranen Denktasch hatte, hat
nunmehr Griechenland mit Tassos Papadopoulos, dem griechisch-zyprischen
Präsidenten, der die Verhandlungen auf dem Bürgenstock mit seiner
Verweigerungshaltung zum Scheitern gebracht hat.
Angesichts der geänderten Lage blieb dem griechischen
Ministerpräsidenten Kostas Karamanlis nur das Prinzip Hoffnung.
Er sei sich sicher, dass die griechisch-zyprische Führung "mit
Vernunft, Verantwortungsbewusstsein und Einsicht" entscheiden werde, sagte
er. Die
Ratlosigkeit spiegelte sich am Donnerstag in den Schlagzeilen der griechischen
und griechisch-zyprischen Presse wider. Die Griechen Zyperns stünden vor einem
"schmerzhaften Ja" und einem "gefährlichen Nein", meinte
die konservative Athener Zeitung "Apogevmatini".
Bei einem Ja würden praktisch die Realitäten nach der türkischen
Militärintervention und die Teilung der Insel anerkannt.
Bei einem "Nein" würde die internationale Gemeinschaft die
griechische Seite "in alle Ewigkeit" verurteilen. Noch
vernichtender äußerten sich politische Beobachter.
"Wir zahlen jetzt den Preis der falschen Information unseres
Volkes", sagte der griechische Politikwissenschaftler Filippos Savvidis.
Nach der Unterzeichnung des Beitritts Zyperns zur EU hätten die
Politiker ihr eigenes Volk in die Irre geführt und die Wahrheit unterschlagen,
dass Lösungen auf internationaler Ebene das Ergebnis schmerzhafter Kompromisse
seien. Nun stünden die Politiker
im Süden vor den Folgen ihrer Politik. Aus
allen bislang veröffentlichten Umfragen ergibt sich, dass der Annan-Plan zur
Lösung der Zypernfrage bei dem Referendum am 24. April mit großer Mehrheit von den Griechen Zyperns abgelehnt
werden wird. Damit würden alle
Hoffnungen auf ein wiedervereinigtes EU-Mitglied Zypern ins Wasser fallen -
auch wenn die türkischen Zyprer ja sagen sollten.
Stuttgarter
Zeitung, Samstag, 2. April 2004, S. 4 |