Neuer Anlauf

Nordzyprer wollen Gespräche

 

Die türkischen Zyprer haben bei der Parlamentswahl am Wochenende ein klares Votum für eine Wiedervereinigung der seit 1974 geteilten Insel abgegeben. Die EU begrüßt den Wahlausgang.

 

Von Gerd Höhler, Athen

 

"Wir reichen den griechischen Zyprern die Hand zur Freundschaft und fordern sie auf, gemeinsam an einer Lösung der Zypernfrage zu arbeiten", sagte der Wahlsieger und bisherige Ministerpräsident Mehmet Ali Talat gleich am Sonntagabend.

Seine Republikanisch-Türkische Partei (CTP) gewann 44 Prozent der Stimmen und voraussichtlich 25 der 50 Mandate im neuen Parlament der "Türkischen Republik Nordzypern" (KKTC), die nur von Ankara anerkannt wird. Talats TCP konnte damit gegenüber der Wahl vom Dezember 2003 neun Prozentpunkte hinzugewinnen. Er will die Koalition mit der Demokratischen Partei (DP) fortsetzen, die sich leicht von 12,9 auf 13,5 Prozent verbessern konnte. Die Einigungsgegner um den früheren Premier Dervis Eroglu mussten dagegen Stimmenverluste hinnehmen.

Die EU-Kommission begrüßte den Wahlausgang: Das Ergebnis zeige den klaren Willen der türkischen Zyprer, auf ihre volle Integration in der EU hinzuarbeiten. Die Zyperntürken hatten bereits vor zehn Monaten in einer Volksabstimmung den Vereinigungsplan von UN-Generalsekretär Kofi Annan mit großer Mehrheit gebilligt. Auch die Türkei, die 1974 den Norden der Insel besetzte und mehr als 35 000 Besatzungssoldaten stationiert hat, stimmte Annans Plan zu. Er scheiterte aber am Nein der griechischen Zyprer. Damit zerschlug sich für die Zyperntürken die Hoffnung, gemeinsam mit dem Süden der Insel am 1. Mai 2004 der EU beizutreten.

Nach seinem Erfolg bei der Parlamentswahl dürfte sich Talat nun am 17. April um das Amt des türkisch-zyprischen Präsidenten bewerben. Der bisherige Staatschef Rauf Denktasch (81) will nicht mehr kandidieren. Vor allem an seiner kompromisslosen Haltung scheiterte in der Vergangenheit eine Wiedervereinigung Zyperns. Nun sind die Rollen auf der Insel neu verteilt. Jetzt ist es der griechisch-zyprische Präsident Tassos Papadopoulos, der sich sträubt. Papadopoulos lehnt den Plan Annans ab, weigert sich aber beharrlich zu sagen, welche eigenen Vorstellungen er für eine Zypernlösung hat.

 

Stuttgarter Zeitung, 22. Februar 2005